ARCH+ features 10: EM2N und Stephan Trüby
Über das derzeit entstehende „Toni-Areal" in Zürich diskutierte Architekturtheoretiker Stephan Trüby mit Mathias Müller und Daniel Niggli vom Zürcher Büro EM2N. Das Gebäude, 1961 als modernste Molkerei Europas eröffnet, ist der künftige zentrale Standort der Zürcher Hochschule der Künste.

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Das Verhältnis von Fleisch und Stein erörterte Architekturtheoretiker Stephan Trüby, der an der Zürcher Hochschule der Künste das Masterprogramm Spatial Design leitet. Er untersucht, wie Bewegungen sich in die Architektur einschreiben und der Körper in Zusammenhang mit dem Raum gedacht wird. Trüby nimmt dabei Bezug auf Servicearchitekturen wie die Therme in Vals, aber auch auf komplexe Korridor- und Tunnelsysteme sowie die taylorisierte Küche, in der die perfekten Wege durch den Grundriss vorgegeben werden.
Zentrales Thema des Zürcher Büros EM2N sei die räumliche Durchdringung, so ARCH+-Redakteur Anh-Linh Ngo, die sinnvolle Splittung von Räumen in Sequenzen. Mathias Müller und Daniel Niggli nennen das „organischen Funktionalismus“ und nehmen damit Bezug auf Hans Scharoun, der Schulen als Stadt konzipiert hat. Das Toni-Areal habe eine „unheimliche Präsenz“, attestiert Niggli, „wir konnten dieses Projekt nur machen, weil wir das Gebäude urbanistisch sehen“. Die Mensa beispielsweise kann auch als Versammlungsort genutzt werden, Treppenkaskaden als Aufenthaltsraum. „Wichtig ist, dass man fette Klötze innen öffnet“, so EM2N über ihr Konzept des inneren Urbanismus. Sie wollen, dass das Gebäude in Beschlag genommen wird, dafür müsse es Widerstand leisten und, anders als die Frankfurter Küche, den Nutzer herausfordern, selbst zu entscheiden.
Das bestätigt Trüby, der das Toni-Areal als „positives Monstrum“ wahrnimmt: „Ab einer bestimmten Größe funktionieren die Regeln der Architektur nicht mehr, es entstehen neue Regeln“. Ein Beispiel ist die außen liegende Rampe, die den Bau dominiert und die EM2N als vertikalen Kulturboulevard erschließen: „Wir sind gespannt, was die Menschen mit diesem öffentlichen Schwellenraum machen“.
Mathias Müller und Daniel Niggli über die Schwelle: „Unser Interesse gilt architektonischen Räumen, ihrer Begrenzung und Fassung und den Beziehungen, welche zwischen diesen Räumen entstehen. Schwellen als Orte des Übergangs verdienen dabei unsere besondere Aufmerksamkeit.“

Bild: Mensch und Architektur kurz vor der Vereinigung.
Bild: Die Zürcher Hochschule der Künste mit dem Museum für Gestaltung am jetzigen Standort.

Alle Fotos: David von Becker
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